Gegen Niedriglöhne: Der Landesmindestlohn muss an die reale Gehaltsentwicklung angepasst werden
Jede*r Siebte im Land Bremen arbeitet im Niedriglohnsektor, wie aus einem heute veröffentlichten Bericht der Arbeitnehmerkammer hervorgeht. Demnach verdienen rund 58.000 Beschäftigte weniger als 13,04 Euro pro Stunde. Dieser Betrag kennzeichnet laut dem Statistischen Bundesamt die aktuelle Niedriglohnschwelle. Auch der Landesmindestlohn in Bremen, den etwa Auftragnehmer des Landes ihren Beschäftigten zahlen müssen, ist derzeit unterhalb dieser Schwelle: Mit 12,29 Euro liegt er seit dem 1.1.2024 sogar unter dem Bundesmindestlohn.
Damit der Landesmindestlohn armutssicher ist, hat ihn das rot-grün-rote Regierungsbündnis 2022 an die unterste Gehaltsstufe des TV-L des öffentlichen Tarifs der Länder gekoppelt. Aber die Erhöhung um 120 Euro monatlich, die für die Tarifbeschäftigten seit Anfang des Jahres gilt, wirkt sich bislang nicht auf die Höhe des Landesmindestlohns aus. Der Grund: Die Gehaltserhöhung im TV-L erfolgt nicht „tabellenwirksam“, sondern in Form einer monatlichen Inflationsausgleichsprämie. Ohne Eingreifen bleibt der Landesmindestlohn bis zum 1.11.2024 auf dem Stand von vor zwei Jahren bei 12,29 Euro.
Sofia Leonidakis, Vorsitzende der Fraktion der Linken in der Bremischen Bürgerschaft, dazu: „Dass der Landesmindestlohn trotz Krise und hoher Inflation fast zwei Jahre unverändert bleibt, obwohl die TV-L- Beschäftigten 120 Euro pro Monat mehr auf dem Gehaltszettel haben, ist ungerecht. Wir haben damit eine faktische Abkopplung des Landesmindestlohns vom tariflichen Inflationsausgleich.
Durch die monatlichen Sonderzahlungen sind wir in einer Sondersituation, auf die wir reagieren müssen. Daher brauchen wir eine Regelung im Bremischen Mindestlohngesetz, um diese Gerechtigkeitslücke zu schließen. Wir Linke fordern deshalb, den Landesmindestlohn durch eine Übergangsregelung bereits jetzt um 70 Cent pro Stunde zu erhöhen.“
Christoph Spehr, Landessprecher der Linken Bremen, kommentiert: „Der Landesmindestlohn ist eines der wenigen landespolitischen Instrumente, die Armut auf der Einkommensseite bekämpfen. Der Senat hat sich über Nacht entschieden, seine eigene Inflationsprämie zu spenden, aber er kümmert sich nicht um den Lohn derjenigen, die jeden Cent dringend brauchen. Eine solche rein sozialkaritative Haltung ist für eine linke Landesregierung einfach zu wenig. Wir appellieren nachdrücklich an den Senat, gemeinsam mit uns beim Landesmindestlohn Abhilfe zu schaffen.“
Zum Hintergrund
Die Beschäftigten im TV-L erhalten durch den Tarifabschluss vom Dezember 2023 einheitlich 3.000 Euro Inflationsausgleichsprämie: 1.800 Euro als rückwirkender Ausgleich für 2023 und monatlich 120 Euro mehr bis 1.11.2024. Im Gegenzug erfolgt bis dahin keine Anhebung des Grundgehalts. Die zusätzlichen 120 Euro im Monat werden aber nach jetzigem Stand keine Erhöhung des Landesmindestlohns zur Folge haben, obwohl dieser an die unterste Gehaltsstufe des TV-L des öffentlichen Tarifs der Länder gekoppelt ist.
Darum fordern wir 70 Cent pro Stunde mehr: Der Landesmindestlohn errechnet sich aus dem Bruttomonatsgehalt der untersten Entgeltstufe des TV-L nach der Formel: Monatsgehalt geteilt durch 170,4416 = Bruttostundenlohn. 120 Euro pro Monat mehr entsprechen daher 70 Cent.