Recht auf Schulbesuch über das 18. Lebensjahr hinaus

In den letzten Jahren sind viele Jugendliche und junge Erwachsene nach Bremen geflüchtet, um hier Schutz vor Krieg und Verfolgung zu finden. Ein großer Teil dieser jungen Menschen verfügt über keinen anerkennungsfähigen Schulabschluss, teilweise fand in den Heimatländern nur eine rudimentäre oder gar keine Schulbildung statt.

Welche Bildungswege für diese Menschen offen stehen, hängt wesentlich davon ab, wie alt sie bei ihrer Ankunft sind. Wer vor seinem 18. Geburtstag Bremen erreicht, ist schulpflichtig und muss entsprechend in die allgemein- oder berufsbildenden Schulen aufgenommen werden. Wer erst als Volljährige*r zuwandert, bleibt von der formalen Schulbildung ausgeschlossen. Nur mit Glück kann diese Gruppe einen raren Platz an einer der Erwachsenenschulen ergattern, ein Anspruch darauf besteht nicht. Für diesen Personenkreis erscheint die Grenze des 18. Geburtstages als willkürlich und es ist nicht nachvollziehbar, warum dieses formale Kriterium derart über die Bildungs- und damit die Zukunftschancen junger Menschen entscheidet.

Als einziges Bundesland hat Bayern einen anderen Weg eingeschlagen. Dort wurde jungen Geflüchteten das Recht eingeräumt, auch bis zum 25. Lebensjahr an Berufs­schulen eine schulische Ausbildung (vergleichbar den Bremer Berufs­orientierungsklassen mit Spracherwerb) aufzunehmen. Nach Medienberichten zu urteilen, sind die Erfahrungen mit diesem System gut, dieses Modell könnte daher ein Vorbild auch für das Bundesland Bremen sein. Allerdings müsste zur Verwirklichung eines solchen Rechtes dann auch ein entsprechendes Angebot an den beruflichen oder Erwachsenenschulen vorgehalten werden.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

1.)  Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, eine Novelle des Schulgesetzes vorzubereiten, in der nach bayrischem Vorbild zugewanderten Menschen das Recht auf die Aufnahme eines schulischen Bildungsganges bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres eingeräumt wird. Dieses Recht soll sowohl zum Erwerb eines Schulabschlusses genutzt werden können, als auch anschließende Maßnahmen im schulischen Übergangssystem umfassen. Menschen, die dieses Recht wahrnehmen möchten, sind gleichberechtigt wie schulpflichtige Jugendliche unter 18 Lebensjahren mit Schulplätzen zu versorgen. Das Recht kann sowohl an berufsbildenden Schulen, als auch an den Erwachsenenschulen wahrgenommen werden.

Eine Ausweitung der Schulpflicht ist nicht vorgesehen.

2.)  Zur Verwirklichung dieses Rechts auf Schulbesuch sind die berufsbildenden und die Erwachsenenschulen im Land Bremen mit weiteren Plätzen auszustatten. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, für die Stadt Bremen entsprechend Plätze vorzuhalten sowie mit dem Magistrat Bremerhaven analog Vereinbarungen zur Umsetzung zu treffen und ggf. der Stadtgemeinde Bremerhaven zusätzliche Mittel für diese Aufgaben zur Verfügung zu stellen.

3.)  Die Zielgruppe geflüchteter junger Erwachsener ist aufgrund von Fluchterfahrungen oft besonders psychisch belastet und Bedarf eines guten Betreuungssystems auch über den Schulunterricht hinaus. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat daher auf, an der Erwachsenenschule Bremen ein Unterstützungssystem aus Schulsozialarbeit und -psychologie aufzubauen oder den Anschluss der Erwachsenenschule an das System der Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren zu gewährleisten. Für die Stadt­gemeinde Bremerhaven ist analog eine entsprechende Absprache mit dem Magistrat zu treffen.

4.)  Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, der Bürgerschaft bis zum 30.06.2018 über die getroffenen Maßnahmen Bericht zu erstatten.

Sofia Leonidakis, Miriam Strunge, Kristina Vogt und Fraktion DIE LINKE