Keine Abschiebungen von Roma und anderen Minderheiten aus dem Kosovo und anderen Balkanstaaten während der Wintermonate

Abschiebungen, insbesondere von Roma und Angehörigen anderer ethnischer Minderheiten aus dem Balkan sind besonders kritisch zu betrachten. Die EU hat mit der „Roma-Dekade“ 2005-2015 auf die extrem schwierige Situation der Roma in Europa hingewiesen und die Kommission aufgefordert, sie als „europäische Minderheit“ anzuerkennen und sich der besonderen europäischen Verantwortung zu stellen, die aus dem Holocaust und den vielfachen „ethnischen Säuberungen“ an dieser Minderheit resultieren.

Auch eine unabhängige Bremer Recherchegruppe hat die katastrophalen Lebensbedingungen von abgeschobenen Roma in mehreren Balkanländern dokumentiert. Roma im Balkan wird überproportional oft der Zugang zur Schule oder zu Arbeit verwehrt - mit eklatanten Folgen. 67% der in Serbien lebenden Roma leiden an Unterernährung. Fast jede*r zweite Rom lebt in Elendsvierteln ohne Sanitäreinrichtungen, Kanalisation, Stromversorgung oder Heizung.

Die Bremische Bürgerschaft hat 2010 beschlossen, Abschiebungen von Roma und Angehörigen „langfristig zurückzustellen“, „Ermessensspielräume […] auszuschöpfen“ und sich für eine „langfristige Bleiberechtsregelung“ einzusetzen (Drs. Drs. 17/1467). In der Folge ergingen die Erlasse e10-09-01 und e12-11-02 des Innensenators, die vorsahen, Staatsangehörigen des Kosovo wenn möglich humanitäre Aufenthaltstitel oder Duldungen zu erteilen und beabsichtigte Abschiebungen von Roma zur Prüfung dem Innensenator vorzulegen. Zumindest die Vorab-Unterrichtung des Innensenators wurde mit dem Erlass e16-03-01 vom 9.03.2016 weiter bestätigt.

In jüngster Zeit wird diese Politik jedoch zusehends aufgegeben. Erst im September wurde eine Roma-Familie aus Bremen abgeschoben. Die Abschiebung einer anderen Familie wurde erst auf Proteste der Mitschüler*innen und ihrer Familien ausgesetzt. Viele Roma erhalten derzeit Grenzübertrittsbescheinigungen und die Aufforderung zur „freiwilligen“ Ausreise.

Mit den Asylrechtsverschärfungen der Großen Koalition im Bund sind die Handlungsspielräume weiter eingeschränkt, aber nicht gänzlich abgeschafft worden. Deren Ausschöpfung sowie der Verzicht auf Abschiebungen im Winter, die bei prekärsten Wohnverhältnissen zu akuter Gefährdung führen können, stellen ein humanitäres Mindestmaß dar. Perspektivisch braucht es Bleiberechtsregelungen, die der systematischen Verfolgung von Roma und anderen Minderheiten Rechnung tragen.

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, Abschiebungen von Roma und anderen ethnischen Minderheiten aus dem Kosovo und anderen Balkanstaaten mindestens während der Wintermonate auszusetzen.

Sofia Leonidakis, Kristina Vogt und Fraktion DIE LINKE.