Junge Familien beim Erwerb eines Eigenheims gezielt fördern

Nicht jede:r träumt vom Eigenheim. Für viele Menschen ist Mieten mit weniger Verantwortung, weniger finanziellem Risiko und mehr Flexibilität verbunden. Andere können sich Wohneigenheim schlicht nicht leisten. Gleichwohl ist der Erwerb einer eigenen Wohnung oder eines eigenen Hauses für viele Bremer:innen und Bremerhaver:innen ein wichtiger Schritt in ihrer Lebensplanung. Bietet dieser doch einen langfristigen Schutz vor den Unsicherheiten des Wohnungsmarktes und ermöglicht einen wichtigen Beitrag zur Altersvorsorge. Die im Vergleich zu z. B. Hamburg und Berlin deutlich höhere Eigentumsquote im Land Bremen macht – zusammen mit dem hohen Anteil städtischer Mietwohnungen – das soziale Fundament am Bremer Wohnungsmarkt aus, das Bremen im Großstadtvergleich besser durch die Zeit stark steigender Wohnkosten der vergangenen Jahre gebracht hat als anderenorts. Auch zur Stabilisierung von Nachbarschaften gerade in wirtschaftlich schwächeren Stadtteilen spielt selbstgenutztes Wohneigentum eine wichtige Rolle. Deutlich gestiegene Zinsen und Rohstoffkosten erschweren aber aktuell vielen Bremer:innen den Bau oder Kauf einer eigenen Wohnung. Die gestiegenen Kosten treffen nicht alle potenziellen Käufer:innen gleichermaßen. Erstens fällt der Wunsch nach dem Erwerb eines Eigenheims für viele Menschen mit der Familiengründung zusammen, während derer Erwerbsarbeit meist eingeschränkt werden muss und das Fami-lieneinkommen somit zunächst sinkt – bei mehr zu versorgenden Personen. Zweitens bestehen auch innerhalb der Gruppe der jungen Familien große soziale Unterschiede, da nennenswerte Erbschaften oder Schenkungen zur Stärkung des Eigenkapitals nur einem kleineren Teil der Bevölkerung zur Verfügung stehen, während Eigenkapital aus eigener Arbeit alters- oder einkommensbedingt nur in bescheidenem Umfang angespart werden konnte. Schon vor der Zinswende klaffte eine immer größere Gerechtigkeitslücke beim Eigentumserwerb: Dem Anstieg der Baukosten (zwischen 2010 und 2021 um 41 Prozent) und Immobilien-preise (im selben Zeitraum um rund 84 Prozent) standen im Vergleich deutlich geringen Lohnsteigerungen (zwischen 2010 und 2021 um 23 Prozent) gegenüber. Hinzu kommt nun, dass die aktuell steigenden Zinsen eine Finanzierung mit viel Eigenkapital weniger berühren, eine Finanzierung „aus eigener Arbeit“ und mit wenig Startkapital aber noch einmal mehr erschweren. Diese Entwicklung unterminiert das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit. Staatliche Eigentumsförderung muss daher gezielt auf die Wiederherstellung von Leistungsgerechtigkeit für diese Gruppe bei der Bildung von Wohneigentum abzielen.
Förderungen mit der Gießkanne, wie sie aktuell etwa in Form einer pauschalen Senkung der Grunderwerbsteuer diskutiert werden, erfüllen diese Anforderung nicht. Auch binden Gießkannenförderungen unnötig hohe Finanzmittel, die dann an anderer Stelle fehlen, zum Beispiel für die Bereitstellung sozialer Infrastruktur oder für Bildungsinvestitionen. Erforderlich sind stattdessen zielgerichtete Maßnahmen, die die geleistete Sorgearbeit junger Familien, deren Relevanz für die gesamte Gesellschaft und bestehende Benachteiligungen anerkennen und ausgleichen. Ein solcher Ansatz findet sich in dem vom Bund aufgelegte Programm „Wohneigentum für Familien“, dessen Ausweitung im Oktober dieses Jahres beschlossen wurde.

Bremen als Zwei-Städte-Staat mit seinen vielfältigen Bestandsquartieren ist zudem die geplante Ergänzung der Förderung unter dem Motto „Jung kauft Alt“ um ein Programm zum Kauf und Sanierung bestehender Immobilien besonders wertvoll und begrüßenswert.

In Bremen besteht zudem der Bremer Eigenheimzuschuss als bisher städtischer Zuschuss für den Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum für Familien unterhalb bestimmter Preisgren-zen. Mit der Preisbegrenzung soll neben einer Eigentumsförderung auch ein gezielter Entwicklungsimpuls für preisgünstigere Stadtteile gesetzt werden. Zu berücksichtigen ist in dem Zusammenhang, dass durch Bewohner:innenstrukturen mit Eigentum Fluktuation reduziert wird und damit ein stabilisierender Effekt für Nachbarschaften und soziale Zusammensetzung einhergeht.

Im Kontext der Bundesprogramme ist der Eigenheimzuschuss nunmehr neu zu bewerten und weiterzuentwickeln. Es ist zu klären, welche Leistung der Bremer Eigenheimzuschuss vor dem Hintergrund des stärkeren Engagements des Bundes künftig erbringen soll. Eine entsprechende Überprüfung sollte ggf. bestehende Förderlücken, die Stärkung des Wohnstandortes Bremen gegenüber dem niedersächsischen Umland sowie ergänzende Fördermöglichkeiten wie Darlehen über die Bremer Aufbaubank, Förderung von Mietkaufmodellen oder von unabhängiger Finanzierungsberatung umfassen.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

1. Die Bürgerschaft (Landtag) begrüßt das Förderprogramm des Bundes „Wohneigentum für Familien“ als gezielte, einkommensabhängige Eigentumsförderung sowie die Anhebung der Einkommensgrenzen und Förderungshöchstsummen im Oktober 2023.
2. Die Bürgerschaft (Landtag) begrüßt im Sinne nachhaltiger Stadtentwicklung das ab 2024 geplante Programm „Jung kauft Alt“ als ergänzende Förderung für Bestandsimmobilien und spricht sich dafür aus, Einkommensgrenzen und Förderkonditionen so festzulegen, dass sie auch den Erwerb von Bestandsimmobilien in Großstädten, jedenfalls in den nicht-privilegierten Lagen, ermöglichen.

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,

3. sich auf der Bundesebene für eine Einführung des Programes „Jung kauft Alt“ und angemessene Konditionen für den Immobilienerwerb in jedenfalls den nicht-privilegierten Lagen von Großstädten einzusetzen;
4. die neuen Bundesprogramme auf mögliche für Bremen relevante Förderlücken zu prüfen und der staatlichen Deputation für Mobilität, Bau und Stadtentwicklung hierzu zu berichten.

Falk Wagner, Arno Gottschalk, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Bithja Menzel, Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE