Alleinerziehende stärker unterstützen (I) – Kita-Aufnahmekriterien ergänzen

Mehr als jede vierte Bremer Familie mit Kindern unter 18 Jahren ist alleinerziehend, damit ist Bremen eine der Hochburgen von Einelternfamilien in Deutschland. Für viele Alleinerziehende - in der überwiegenden Mehrheit Frauen- ist der Druck berufstätig zu sein allein aus ökonomischen Gründen hoch. Erstens kann kein zweites Einkommen erzielt werden. Zweitens erhalten viele Alleinerziehende keinen oder einen zu niedrigen Unterhalt für ihre Kinder, und der ersetzende ,durch die Jugendämter gezahlte Unterhaltsvorschuss bleibt in der Höhe weit hinter der Düsseldorfer Tabelle, welche die Unterhaltshöhe festlegt, zurück. Drittens erzielen viele Alleinerziehende, selbst wenn sie berufstätig sind, kein existenzsicherndes Einkommen. Dies hängt mit prekären Arbeitsbedingungen, Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und für die Bedarfe von Alleinerziehenden unzureichenden Kindertagesbetreuungsangeboten zusammen. Alleinerziehende und ihre Kinder sind daher die Personengruppe mit dem höchsten Armutsrisiko überhaupt, Tendenz steigend. Während 2012 vierzig Prozent der Alleinerziehenden in Bremen armutsgefährdet waren, stieg der Anteil 2015 auf sechsundfünfzig Prozent. Damit ist mehr als die Hälfte der 17.000 Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern in Bremen von Armut betroffen, wobei jede*r dritte Alleinerziehende aufstocken muss, weil das Einkommen nicht zum Leben reicht. Sechzig Prozent der Alleinerziehenden im Leistungsbezug sind dies bereits seit über 4 Jahren. Das zeigt, dass hier dauerhafte, verfestigte Armutslagen bestehen, mit der Folge, dass Frauen aus dem Berufsleben gedrängt werden und Kinder in Armut aufwachsen müssen.

Die staatliche Unterstützung für Ein-Eltern-Familien ist bisher bei Weitem nicht ausreichend. Nicht der einzige, aber ein wichtiger Baustein sind die Verfügbarkeit und bedarfsgerechte Ausgestaltung der Kinderbetreuungsangebote. Die ohnehin schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt für Alleinerziehende eine enorme Herausforderung dar. Die Erwerbstätigkeit vieler Frauen scheitert häufig nicht zuletzt an unzureichenden Angeboten der Kinderbetreuung. Nach wie vor herrscht ein großer Mangel an Kita-Plätzen, weit über 500 Kinder haben keinen Kita-Platz bekommen. Dass Alleinerziehende weniger Möglichkeiten der innerfamiliären Verteilung der Kinderbetreuung haben, sollte bei der Vergabe der Kita-Plätze berücksichtigt werden.

Städte wie Berlin oder Frankfurt am Main haben aus diesem Grund bereits seit längerem die Auswahlkriterien bei der Vergabe der Kita- und Tagespflegeplätze um das Kriterium „alleinerziehend“ erweitert.

In der Stadtgemeinde Bremen regelt das Ortsgesetz zur Aufnahme von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege der Stadtgemeinde Bremen oder kurz Aufnahmeortsgesetz (BremAOG) die Vergabe von Betreuungsplätzen. Unter § 6 „Auswahlkriterien“ werden bislang die Wohnortnähe, Geschwisterkinder sowie eine besondere Notwendigkeit der Aufnahme für die Entwicklung des Kindes im individuellen Fall, bestätigt durch das Amt für Soziale Dienste als gleichberechtigte Kriterien aufgeführt. Bei der Vergabe von Hortplätzen werden zudem jüngere Schulkinder gegenüber älteren bevorzugt.

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft (Stadtbürgerschaft) beschließen:

Die Bürgerschaft (Stadtbürgerschaft) stellt fest:
1. Die Bremische Bürgerschaft (Stadtbürgerschaft) erachtet es als ein wichtiges sozial- und gleichstellungspolitisches Ziel, ausreichende Kinderbetreuungsangebote zur Verfügung zu stellen und diese auch an den Bedarfen von Alleinerziehenden auszurichten.
Die Bremische Bürgerschaft (Stadtbürgerschaft) fordert den Senat auf:
2. Zur Anerkennung der besonderen Lage von Alleinerziehenden soll § 6 des Bremischen Aufnahmeortsgesetzes (BremAOG) um das Kriterium „alleinerziehend“ erweitert werden.
3. Die Senatorin für Kinder und Bildung wird aufgefordert, bei Anmeldungen von Kindern Alleinerziehender in der Kindertagesbetreuung gemäß § 5 Absatz 4 Ziffer 2 des Bremischen Aufnahmeortsgesetzes (BremAOG) regelmäßig davon auszugehen, dass insbesondere alleinerziehende Eltern aufgrund von Mehrfachbelastung Mehrbedarfe haben und daher auf die Bedarfsprüfung bei der Bewilligung des Betreuungsumfangs zu verzichten.

Sophia Leonidakis, Kristina Vogt und Fraktion DIE LINKE

In Verbindung stehende Artikel: