Wann wird das Jugendamt in die Lage versetzt, gesetzliche Aufgaben vollumfänglich und zeitnah wahrnehmen zu können?

Für ein gesundes Heranwachsen von Kindern zu sorgen, ist Alltag und Aufgabe von Eltern, von Erzieher*innen und Lehrer*innen und von den Beschäftigten der öffentlichen und freien Jugendhilfe. Prekarisierung, Stadtteilsegregation und unzureichend ausgestattete staatliche Regelsysteme haben zu einer Zunahme von ökonomischem und auch sozialem Ausschluss geführt, der sich auf die betroffenen Familien auswirkt und die Anforderungen an die Beschäftigten, die mit den Kindern und Familien arbeiten, steigert. Der Jugendhilfe ist der Erhalt der Familieneinheit vorrangig. Erst bei akuten Gefährdungslagen oder bei unbegleiteter Einreise wird die Obhut für das Kind per Gerichtsbeschluss auf die öffentliche Jugendhilfe übertragen.

Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe bzw. die dort beschäftigten pädagogischen Fachkräfte tun ihr Bestes, ihre Aufgaben bei unzureichender Ausstattung zu erfüllen. Vor dem Hintergrund steigender Bedarfe muss sichergestellt werden, dass alle Aufgaben der Jugendhilfe wie Inobhutnahme, Hilfeplanung, Clearing und Beratung zeitnah erfolgen können. Laut einer Vorlage des Jugendhilfeausschusses vom 27.10.2017 muss „allerdings in Teilen weiterhin (…) mit Priorisierungen gearbeitet werden (…). Zudem beeinträchtige die Arbeitssituation in den Stadtteilteams „weiterhin das Erreichen des fachlichen Standards einer fristgerechten Beendigung von Inobhutnahmen gem. Fachlicher Weisung“.

Der Personalmangel im Jugendamt geht zulasten der Kinder, Familien und Beschäftigten. Er führt dazu, dass gesetzliche Aufgaben nicht vollumfänglich und zeitnah wahrgenommen werden können. Die begrüßenswerte Höhergruppierung der pädagogischen Jugendamtsmitarbeiter*innen hat die Beschäftigung dort attraktiver gemacht, jedoch noch nicht zu einer hinreichenden Entlastung geführt. Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels müssen die Arbeitsbedingungen in der Jugendhilfe weiterhin verbessert werden.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Wie haben sich die Fallzahlen (Inobhutnahmen, Beratungen, Familiengerichtsverfahren, HzE für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene) im Casemanagement des Jugendamts Bremen in 2017 entwickelt (bitte jeweils nach Sozialzentrum, Stadtteilteams und stichtagsgebunden zum Quartalsende angeben)?

2. Wie haben sich die Personalvolumina (Soll) im Casemanagement in 2017 entwickelt (bitte nach Sozialzentrum, Stadtteilteams sowie nach Jahresquartalen differenzieren)?

3. Wie hat sich die Personalausstattung (Ist) im Casemanagement im vergangenen Jahr entwickelt (bitte nach Sozialzentrum, Stadtteilgruppen sowie nach Jahresquartalen differenzieren)?

4. Wie viele Langzeiterkrankungen, Mutterschutzfälle, Beschäftigungsverbote und Elternzeiten lagen in 2017 vor (bitte jeweils Stichtagsdaten zum Quartalsende angeben)?

5. Wie viele Casemanager*innen sind in 2017 aus dem Jugendamt ausgeschieden aufgrund von Wegbewerbung sowie Ruhestand (bitte separat angeben)?

6. Wie viele Fälle (inklusive Beratungsfälle) wurden in 2017 pro Quartal faktisch pro Casemanager*in im Durchschnitt bearbeitet (bitte Langzeiterkrankungen, Mutterschutz, Beschäftigungsverbote und Elternzeiten berücksichtigen und nach Sozialzentren und Stadtteilteams aufschlüsseln)?

7. In wie vielen der Stadtteilteams muss nach wie vor mit Aufgabenpriorisierungen gearbeitet werden?

8. Wie viele Überlastanzeigen von Mitarbeiter*innen oder Stadtteilteams lagen in 2017 vor?

9. Erachtet der Senat die Fürsorgepflicht und Gesundheitsschutz der Beschäftigten für gewährleistet? Welche Maßnahmen des Gesundheitsschutzes wurden im vergangenen Jahr angeboten?

10. Wie hoch sind die zur Verfügung stehenden Mittel für Supervision (bitte Gesamtsumme sowie Summe pro externer Supervision angeben)?

11. Wie viele Mitarbeiter*innen, die sich bereits im Ruhestand befinden, wurden in 2017 wieder beschäftigt (bitte stichtagsgebunden zum Quartalsende angeben)? Wann enden/endeten diese Beschäftigungsverhältnisse?

12. Wie viele Casemanager*innen gehen in den kommenden 5 Jahren in Ruhestand?

13. Wie hoch schätzt der Senat den Fachkräftebedarf in der Jugendhilfe in den kommenden 5 Jahren ein?

14. Wie hoch sind die Studienkapazitäten an den Bremischen (Fach-)Hochschulen (inkl. Dualem Studiengang) sowie die Bewerber*innenzahlen?

Sofia Leonidakis, Cindi Tuncel, Kristina Vogt und Fraktion DIE LINKE