Eigenanteile in der Bremer Altenpflege steigen massiv – Linksfraktion fordert Einführung eines Pflegewohngeldes

Leonidakis

Die Energiekrise, die Inflation und die seit September geltende Tarifbindung in der Altenpflege lassen die Eigenanteile von Pflegeheimbewohner*innen weiterwachsen. Das zeigen die Antworten des Senats auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. Im Vergleich zu Anfang 2022 haben sich demnach die Eigenanteile für Unterkunft und Verpflegung um durchschnittlich 7 Prozent (63,83 Euro) und die für pflegerische Leistungen um 20,5 Prozent (183,57 Euro) erhöht (Stand: April 2023).

Der Senat geht aufgrund der geplanten Personalaufstockung in der Altenpflege und der zukünftigen Entwicklung der Pflegelöhne und Sachkosten von weiteren Steigerungen der Eigenanteile aus. Gleichzeitig sind bislang in Bremen und Bremerhaven keine kommunalen oder landesfinanzierten Entlastungsmaßnahmen geplant.

Sofia Leonidakis, Vorsitzende und sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, fordert angesichts dieser Prognosen ein grundlegendes Umdenken in der Pflegepolitik: „Wir sehen, dass das Pflegesystem, so wie es derzeit organisiert ist, nicht funktioniert. Die Eigenanteile für Pflegebedürftige steigen jedes Jahr weiter an und immer mehr Pflegebedürftige werden zu Sozialhilfeempfänger*innen. Die Pflegeversicherung wurde ursprünglich eingeführt, um genau dies zu verhindern. Heute müssen wir feststellen, dass eine Teilversicherung dafür nicht ausreichend ist.

Für die nachhaltige Absicherung von guter Pflege und guten Arbeitsbedingungen von Pflegekräften sowie für die Verhinderung von Armut aufgrund von Pflegebedürftigkeit fordern wir eine solidarische Pflegevollversicherung. Alle anderen kleineren Änderungen am Pflegesystem, wie auch die derzeit auf Bundesebene geplante Pflegereform, werden statt nachhaltiger Verbesserungen maximal für kurzfristige Entlastungen sorgen.

Um zwischenzeitlich Pflegeheimbewohner*innen in unserem Bundesland zu entlasten, setzen wir uns für die Einführung eines Pflegewohngeldes in Bremen und Bremerhaven ein. Andere Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein beteiligen sich bereits über einen solchen Zuschuss an den Eigenanteilen von Pflegeheimbewohner*innen mit niedrigem Einkommen oder wenig Vermögen.“


Hintergrund

Pflegebedürftigkeit stellt heute für viele Menschen ein Armutsrisiko dar. Dies ist unter anderem der derzeitigen Ausgestaltung der Pflegeversicherung geschuldet. Dabei handelt es sich um eine Teilversicherung, es wird also lediglich ein festgelegter Anteil der Pflegekosten übernommen. Die restlichen Kosten müssen die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen aus eigener Tasche zahlen. Dieser selbst zu tragende Eigenanteil ist inzwischen so hoch, dass er das Einkommen oder die Rente der Pflegebedürftigen oftmals übersteigt. Insbesondere wenn eine Unterbringung in einem Pflegeheim nötig wird, fallen sehr hohe Kosten an.

In Bremen lag der von Pflegeheimbewohner*innen zu tragende durchschnittliche Eigenanteil im Sommer 2022 bei etwa 2348 Euro. Und dabei bleibt es nicht, wie die heute im Senat beschlossene Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zeigt.

Die Kleine Anfrage „Wachsende Eigenanteile von Bewohner*innen in Pflegeheimen“ der Fraktion DIE LINKE in der Bremischen Bürgerschaft sowie die Antworten des Senats finden Sie im Anhang der E-Mail.