Unbegleiteten Minderjährigen aus den Flüchtlingslagern in Griechenland ein kindgerechtes Leben ermöglichen

Die Situation in den Flüchtlingslagern (EU-Hotspots) auf den griechischen Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos ist seit Jahren Gegenstand scharfer Kritik. Über 42.000 Menschen leben dort unter katastrophalen Bedingungen in Lagern, die für nicht mehr als 9.500 Personen ausgestattet sind. Die medizinische Versorgung ist völlig unzureichend, so dass die Menschen ohne die Unterstützung von NGOs wie Lesvos Solidarity oder Ärzte ohne Grenzen weitgehend auf sich allein gestellt wären. Monate oder Jahre müssen die Geflüchteten auf einen Asylbescheid oder auf ihre Anhörung warten, in überfüllten Großraumzelten, sind Gewalt ausgesetzt und müssen ein Leben in extremer Armut führen. Für alle Betroffenen ist die Lage in den Camps unzumutbar. Besonders verletzlich sind in dieser Situation allein reisende Frauen, Menschen mit Behinderung, Kranke und Kinder.

In Griechenland leben zurzeit über 5.300 unbegleitete Minderjährige, für die es nach Angaben der Europäischen Kommission nur rund 2.200 Unterbringungsplätze gibt. Etwa 3.000 haben keinen Unterbringungsplatz bekommen. Schätzungen zufolge leben 1.000 von ihnen auf der Straße und fast 2.000 in den Hotspots, ohne Bildung und ohne angemessene Betreuung. Diese Zustände widersprechen allen Regeln und Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention.

Im Herbst 2019 hatten zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen unter dem Hashtag #wirhabenplatz von der Bundesregierung gefordert, dass Minderjährige aus Griechenland in den Kommunen aufgenommen werden können, darunter das Deutsche Kinderhilfswerk, PRO ASYL, die Diakonie Deutschland, der PARITÄTISCHE Gesamtverband, die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, terre des hommes Deutschland, der Verband binationaler Familien und Partnerschaften und der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF).

Das Land Niedersachsen hat inzwischen die Aufnahme von 100 Kindern zugesagt, Berlin von 70 und Thüringen von 25. Aufnahmebereite Kommunen und Bundesländer sind auf die Zustimmung des Bundesinnenministeriums angewiesen, um bestimmte Einreisekontingente zu ermöglichen. Angesichts der dramatischen Lage hat auch die EU-Kommission Deutschland und andere EU-Staaten aufgefordert, Kinder und Jugendliche aus den Hotspots aufzunehmen. Bis dato leider ohne Erfolg.

Die Bürgerschaft (Landtag) hatte zuvor bereits mit Beschluss vom 16. Februar 2017 den Senat aufgefordert, sich auf Bundes- und europäischer Ebene intensiv für die Umsetzung der bereits 2015 beschlossenen Umverteilung von Flüchtlingen aus Griechenland und Italien einzusetzen.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

  1. Die Bürgerschaft (Landtag) bekräftigt ihren Beschluss „Die EU muss ihrer Verantwortung gerecht werden: in der Kälte festsitzende Flüchtlinge dringend aus Griechenland umsiedeln“ vom 16. Februar 2017.
  2. Die Bürgerschaft (Landtag) stellt fest, dass die menschenunwürdigen Lebensbedingungen in den griechischen Hotspots weiterhin untragbar und unvereinbar mit den Menschenrechten sind.
  3. Die Bürgerschaft (Landtag) sieht die Europäische Union, die Bundesrepublik Deutschland und die Bundesländer in der Verpflichtung, sofortige Maßnahmen zu ergreifen, um den oben beschriebenen Zuständen ein Ende zu setzen.
  4. Die Bürgerschaft (Landtag) erklärt, dass die Freie Hansestadt Bremen bereit ist, hierzu einen Beitrag zu leisten und mindestens 20 unbegleitete minderjährige Geflüchtete aus Griechenland aufzunehmen.
  5. Die Bürgerschaft (Landtag) betrachtet das aktuelle Verteilungssystem von Geflüchteten innerhalb der EU als ungerecht, ineffektiv und unsolidarisch.
  6. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,

a) sich beim Bundesinnenministerium dafür einzusetzen, dass die Aufnahme von mindestens 20 unbegleiteten Minderjährigen aus den griechischen EU-Hotspots in Bremen genehmigt wird,
b) auf Bundesebene den Entwurf und die Zielsetzung der Bundesratsinitiative der Länder Berlin und Thüringen zur Änderung des § 23 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz (Bundesrats-Drucksache 482/19) für eine rechtliche Vereinfachung der Landesaufnahme weiterhin zu unterstützen,
c) sich auf Bundes- und europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass der UNHCR finanziell und mit Sachmitteln so ausgestattet wird, dass die Situation in den Hotspots massiv und sofort verbessert werden kann.

Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE
Antje Grotheer, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Sahhanim Görgü-Philipp, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN