Fachkräfte für die Kindertagesbetreuung gewinnen und Ausbau absichern

LeonidakisKinder und JugendSoziales

Seit dem Jahr 2013 hat jedes Kind ab dem ersten vollendeten Lebensjahr das Recht auf einen Betreuungsplatz, verankert ist der Rechtsanspruch in § 24 Absatz 2 im Achten Sozialgesetzbuch. Vorangegangen war eine fünfjährige Ausbauphase seit der Beschlussfassung des Kinderförderungsgesetzes im Jahr 2008, die viele, insbesondere die westdeutschen, Bundesländer vor große Herausforderungen stellte.
Der Rechtsanspruch erfüllt verschiedene Zwecke: etwa die der frühkindlichen und sozioemotionalen Bildung von Kindern, die der Inklusion, aber auch den Zweck, Eltern eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Gerade für Alleinerziehende ist ein Betreuungsplatz für ihre Kinder essenzielle Grundlage, um Armut zu entgehen.

Um diese Zwecke und Ziele – und natürlich die Erfüllung des Rechtsanspruchs – zu verwirklichen, hat der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze einen sehr hohen Stellenwert für den Senat und die rot-grün-rote Koalition. Der Kita-Bau wird in der Senatsbaukommission engmaschig überprüft, die Genehmigungsverfahren wurden beschleunigt, die Erzieher:innen-Ausbildung attraktiviert und die Beschäftigungsbedingungen insbesondere in herausfordernden Soziallagen verbessert. Im Kindergartenjahr 2020/21 wird für die unter dreijährigen (U3) Kinder eine Betreuungsquote von 50 Prozent sowie für die über dreijährigen (Ü3) Kinder von 96 Prozent erreicht. Die Prognosen anhand des geplanten Kitaausbaus und der voraussichtlichen Anmeldezahlen, die in Verbindung mit der Bevölkerungsprognose erstellt werden, gehen laut Bericht der Senatorischen Behörde für Kinder und Bildung davon aus, dass bis zum Ende der Legislaturperiode 2023 im Bereich der U3-Kitaplätze eine Betreuungsquote von 53 Prozent und im Bereich der Ü3-Kitaplätze von 97 Prozent erreicht wird (Bericht für die Sitzung des Ausschusses „Frühkindliche Bildung“ der Deputation für Kinder und Bildung am 30. September 2020, S. 4).

Trotz aller Anstrengungen der Träger und der steuernden Behörden können jedoch leider noch immer nicht alle Bedarfe gedeckt werden. Zudem variieren die Versorgungsquoten nach Stadtteil. Ziel der rot-grün-roten Koalition ist neben der Komplettversorgung im Ü3-Bereich eine U3-Versorgungsquote von 60 Prozent in jedem Stadtteil. Um dies zu erreichen, müssen die Ausbauplanung angepasst und weitere Maßnahmen ergriffen werden.

Insbesondere der Fachkräftemangel hat sich zur maßgeblichen Ausbaubremse entwickelt. Schon jetzt können Kita-Plätze in dreistelligem Umfang nicht realisiert werden, weil zwar die Gruppenräume zur Verfügung stehen, jedoch kein Personal. Die Deckung der Betreuungsbedarfe hängt somit wesentlich auch an der Fachkräftegewinnung. Der Senat hat bereits einige Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Erzieher:innentätigkeit und -ausbildung ergriffen, beispielhaft seien hier die Einführung der praxisintegrierten Ausbildung (PiA) oder die jüngst erfolgte Weiterentwicklung der öffentlichen Weiterbildungsgänge zur Integrierten Regelausbildung (InRa) genannt. Aufgrund des anhaltenden Fachkräftemangels erscheinen weitere Maßnahmen zur Gewinnung zusätzlicher Auszubildender und Fachkräfte notwendig.
Weitere „Flaschenhälse“ wie die Knappheit verfügbarer Flächen für den Bau von Kindertagesstätten gilt es anzugehen.

Die Stadtbürgerschaft möge beschließen:
Die Stadtbürgerschaft fordert den Senat auf,
1. die Ausbauplanung der Kinderbetreuungsplätze für unter dreijährige Kinder auf eine Betreuungsquote von mindestens 60 Prozent je Stadtteil anzupassen und den Ausbau im Ü3-Bereich auf Vollversorgung ausgerichtet weiterzuführen;
2. die durch InRa erfolgte Attraktivierung der Ausbildung öffentlich zu bewerben;
3. in den Fachschulen weitere Teilzeitklassen einzuführen, deren Teilzeitmodell so ausgestaltet ist, dass es auf die Bedarfe von Alleinerziehenden und junge Eltern zugeschnitten ist, z.B. durch 5-Tagesmodelle mit jeweils 4-5 Stunden Ausbildungsdauer in den Vormittagsstunden;
4. zu prüfen, ob und welche Maßnahmen zur Anwerbung von ausgebildeten Fachkräften aus anderen Bundesländern eingeführt werden können, zum Beispiel durch Umzugsprämien;
5. Pilotstandorte der angestellten Kindertagespflege schnell umzusetzen, um zusätzliche Kindertagespflegepersonen zu gewinnen, zu schulen und berufsbegleitend zur Erzieher:in weiterzubilden;
6. berufsbegleitende Weiterbildungsprogramme für Sozialassistent:innen, Kinderpfleger:innen und selbständige Kindertagespflegepersonen auszubauen und zu erleichtern;
7. weitere Möglichkeiten zur Steigerung der Verfügbarkeit von Flächen für die Errichtung von Kindertageseinrichtungen zu prüfen, zum Beispiel durch die Einrichtung eines Flächenfonds zum Ankauf zusätzlicher Flächen;
8. zu prüfen, inwiefern die Anwendung modularer Bauweisen und Entwicklung von variablen Modulbauten in Trägerschaft von Immobilien Bremen oder den öffentlichen Baugesellschaften ausgebaut werden kann;
9. der Deputation für Kinder und Bildung binnen sechs Monaten nach Beschlussfassung über die ergriffenen Maßnahmen zu berichten.

Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE
Dr. Solveig Eschen, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Petra Krümpfer, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD