Aktionsplan „Alleinerziehende“ auflegen
Im Land Bremen leben aktuell ca. 14.300 alleinerziehende Mütter und Väter mit Kindern unter 18 Jahren, wobei der Anteil der Frauen mit alleiniger Verantwortung für die Kinder bei weitem überwiegt. Viele bekommen ihren Alltag aus Berufstätigkeit und Verantwortung für die Kinder gut organisiert. Die Daten der Bundesagentur für Arbeit sowie die Studie der Arbeitnehmerkammer zeigen aber auch: Zwei Drittel aller Bremer und Bremerhavener Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren sind zur Sicherung ihrer Existenz auf Grundsicherungsleistungen gänzlich oder ergänzend angewiesen, die Hilfequote beträgt 67,3 Prozent, das ist der höchste Wert bundesweit. Besonders alarmierend sind die hohen Quoten bei denjenigen, die zusätzlich zu ihrer Erwerbstätigkeit ergänzende Hilfen in Anspruch nehmen müssen, und bei denjenigen, die nicht über einen Schul- oder Berufsabschluss verfügen. Insbesondere die letzte Gruppe ist aktuell von dauerhaftem Leistungsbezug und damit von Armut für sich und die Kinder bedroht.
Um diese prekären Lebens- und Arbeitslagen zügig und maßgeblich zu verändern, braucht es die Verankerung eines eigenständigen Landesprogramms, das die individuellen Belange von Alleinerziehenden aufgreift. Insbesondere die Bereiche Bürokratieabbau (Unterhalt), Ausbildung, Arbeitsmarktintegration und Kinderbetreuung sind hier von besonderer Bedeutung. Eine verzahnte, abgestimmte und ressortübergreifende Herangehensweise ist im Sinne der Alleinerziehenden von immens hoher Bedeutung.
Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, gemeinsam mit dem Magistrat einen Aktionsplan für Alleinerziehende zu erarbeiten, welcher insbesondere Maßnahmen in den Bereichen Arbeit, Soziales, Bildung und Kinder berücksichtigen soll:
I. Arbeitsmarktintegration
- Einführung eines Arbeitsmarktprogramms für Alleinerziehende unter Einbeziehung der Erfahrungen des Modellprojekts „Vermittlung und Integration von Alleinerziehenden in Arbeit“ (VIA);
- Stärkere Berücksichtigung von Alleinerziehenden bei Angeboten der Jobcenter und eine Spezialisierung auf junge Eltern in den Jugendberufsagenturen;
- Arbeitsmarktpolitische Angebote für Alleinerziehende mit Kindern unter 3 Jahren;
- Akquisition von Unternehmen, die Ausbildungen in Teilzeit anbieten mit entsprechend angepassten Angeboten der Berufsschulen;
- Ausweitung von Ausbildungen in Teilzeit im schulischen Bereich, die in Länderhoheit liegen;
- Weitere Stärkung von Ausbildungsmodellen in Teilzeit bei öffentlichen Unternehmen und im öffentlichen Dienst;
- Ausweitung von (abschlussbezogenen) Weiterbildungen in Teilzeit;
II. Beratung und Unterstützung
- Ausweitung der bestehender Beratungs- und Begleitungsangebote wie VIA auf weitere Stadtteile, in denen besonders viele Alleinerziehende leben;
- Erleichterung der Antragsmodalitäten für Alleinerziehende, die auf Unterhaltszahlungen bzw. Unterhaltsvorschuss angewiesen sind. Hierzu gehört auch eine nachhaltige Ursachenforschung für nicht gezahlten Unterhalt und die Umsetzung wirksamer Sanktionsmöglichkeiten gegenüber säumigen Unterhaltszahler*innen;
III. Kinderbetreuung
- Ausweitung von flexiblen Kinderbetreuungszeiten, insbesondere in Randzeiten und unterjährige Aufnahme von Kindern in den Betreuungseinrichtungen;
- Berücksichtigung der elterlichen Lage von Alleinerziehenden bei der Vergabe von Krippen‐, Kita‐ und Hortplätzen.
- Prüfung, inwiefern den Jobcentern die Möglichkeit eröffnet werden kann, ein kommunal finanziertes Kinderbetreuungsangebot (§ 16a Nr. 1 SGB II) vorzuhalten, das solange Kinder von SGB II-Leistungsberechtigten betreut, bis ein passendes Regelangebot verfügbar ist bzw. Rand- und Krankheitszeiten bewältigt sind;
- Entwicklung eines Modellvorhabens für ein Angebot einer 24‐Stunden‐Betreuung;
- Ausweitung flexibler Angebote nach dem Vorbild von Moki in Hemelingen auf andere Stadtteile unter Berücksichtigung der Angebote von Tagesmüttern und ‐vätern;
- Prüfung, inwiefern für Tagespflegepersonen die Möglichkeiten für zusätzliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsformen und einer besseren Auslastung geschaffen werden können;
IV. Übergreifend
Einsetzung einer ressortübergreifenden Steuerungsgruppe zur Umsetzung des Programms Alleinerziehende unter Einbeziehung der zuständigen Ressorts und des Magistrats Bremerhaven.
Der Bürgerschaft (Landtag) ist binnen sechs Monaten nach Beschlussfassung zu berichten.
Dr. Henrike Müller, Sahhanim Görgü-Philipp, Björn Fecker und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Petra Krümpfer, Birgitt Pfeiffer, Gönül Bredehorst, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Maja Tegeler, Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE